2007 Noise of the Shuttle
Das Projekt hat den Arbeitstitel: „The noice of the shuttle“, es reflektiert im Titel auf das eher bekannte „Voice of the shuttle“, welches aus einer Übersetzung der Philomele-Geschichte stammt. Außerdem bezieht es sich auf die website: http://vos.ucsb.edu/myth.asp
Ich habe bisher keinen deutschsprachigen Titel gefunden, der die schöne Ambivalenz von „shuttle“ (Weberschiffchen, Raumfähre, Pendelbus…) bieten kann. Die (von Ovid in den Metamorphosen überlieferte) Geschichte bildet sozusagen den Kern bzw. Ausgangspunkt der Arbeit.
Videoarbeit über das Philomele-Thema für eine performance. (Gesang: Sibille Roth)
the_noise_of_the_shuttle from Steffen Reck on Vimeo.
Philomela
(Philomele) Die Tochter des Königs Pandion von Athen und der Zeuxippe.
Philomela hatte eine Schwester namens Prokne, welche mit dem Tereus, König in Thrakien, vermählt war und die sie gern einmal wiedergesehen hätte. Also begab sich Tereus nach Athen zu Pandion, seinem alten Bekannten, und erreichte von dem die Erlaubnis, seine Tochter mit ihm reisen zu lassen.
Tereus erwies sich aber als unehrenhaft und verschleppte, kaum war man in Thrakien, Philomela an einen einsamen Ort und vergewaltigte sie. Damit Philomela die Untat nicht anzeigen konnte, schnitt er ihr die Zunge aus und sperrte sie in einem Gehöft ein. Seiner Gattin Prokne erzählte er sodann, die Schwester sei unterwegs gestorben, was die ihm glaubte.
Philomela gelang es aber in ihrem Gefängnis, die Kunde von dem ihr angetanen Verbrechen in ein Tuch zu weben und das der Prokne zuzustellen. Unter dem Vorwand der Teilnahme am Dionysosfest schlich sich Prokne zu ihrer Schwester, befreite die aus ihrem Gefängnis und nahm sie mit sich in ihren Palast. Prokne, außer sich vor Wut, sann auf Rache und als Itys, ihr und des Tereus kleiner Sohn, zu ihnen trat, tötete Prokne diesen dem Vater so Ähnlichen mit dem Schwert, die Schwestern zerstückelten und kochten ihn.
Das gab Prokne ihrem Gatten zur Mahlzeit, und kaum hatte der ahnungslos seinen Sohn verschlungen trat Philomela hinzu und schleuderte ihrem Vergewaltiger das noch blutige Haupt des Itys entgegen.
Daraufhin ergriffen die Schwestern die Flucht und verwandelten sich in Vögel („die eine von ihnen sucht den Wald, die andere schlüpft unter Dächer”), der sie verfolgende Tereus wurde zum Wiedehopf, der mit seinem langen Schnabel und dem Federbusch an einen gewappneten Krieger mit Speer erinnert. (OVID, Metamorphosen VI., 426-674)
Nach anderer Darstellung kamen die Schwestern auf ihrer Flucht nur bis Daulias in Phokis und baten dort die Götter um Verwandlung in Vögel. So geschah es, und Prokne wurde in eine Nachtigall und Philomela in eine Schwalbe verwandelt (oder umgekehrt), Tereus in einen Wiedehopf. Zwischen Wiedehopf und den anderen Vögeln soll daher eine Feindschaft bestehen.
Eine etwas andere Version der Geschichte erzählt, Tereus habe dem Pandion gegenüber behauptet, die Prokne sei ihm gestorben und nun begehre er die Schwester zur Gemahlin. Pandion willigte ein und ließ seine zweite Tochter nebst Gefolge ziehen. Dieses jedoch ersäufte Tereus unterwegs und die Prokne, welche in Wahrheit noch lebte, schickte er zu König Lynkeus, einem anderen König in Thrakien. Dessen Gemahlin Lathusa war der Prokne aber eine gute Freundin und verhalf beiden Schwestern zur Flucht.
Aus der Antike schon stammt die Interpretation, die Verwandlung der Schwestern in Nachtigall bzw. Schwalbe spiele auf das Klagen und Winseln an, das die beiden auf ihrer Flucht vernehmen ließen. (PAUSANIAS, Attika, 41)
Die Darstellung folgt, abgesehen von der Passage nach OVID, HEDERICH, Spn. 1981-83.
http://www.sungaya.de/schwarz/griechen/Philomela.htm
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Philomele : wurde von ihrem Schwager Tereus vergewaltigt, der ihr aus Angst vor Enthüllung die Zunge herausschnitt. Als sie die Tat durch ein gewebtes Bild aufdeckte, rächte sie sich zusammen mit ihrer Schwester an Tereus, indem sie seinen Sohn töteten und ihn Tereus als Mahl vorsetzten. Philomele wurde auf der Flucht in eine Schwalbe verwandelt.
http://c2m.free.fr/al/expressions/p.htm
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Erwähnung bei Dante
Von dem Fegfeuer.
Neunter Gesang.
Übersicht
Inhalt.
Der Dichter erzählet, wie er eingeschlafen sey, und gegen frühen Morgen im Traume ein Gesicht gehabt habe. Aus solchem erwacht, habe er sich an der Seite seines sichern Geleites, seines treuen Virgils, in einem höhern Orte befunden. Hierauf wird er von diesem zu dem geheiligten Thore des Fegfeuers geführet. Und solches wird ihnen von einem Engel, der vor demselben Wache steht, auf eine sehr gütige Art geöffnet.
Schon kam die Nebenbuhlerinn des alten Tithons aus den Armen ihres zärtlichen Freundes ganz weiß an dem abschößigen Morgen zum Vorschein. Ihre Stirne blitzte von Edelgesteinen, welche die Gestalt des nächtlich kalten Thieres bildeten, das die Menschen mit seinem Schwanze so gefährlich verwundet. Schon hatte die Nacht an dem Orte, wo wir uns befanden, zween von den Schritten, mit denen sie einhersteigt, vollendet. Und schon verbreitete sich der Dritte allmählig herab. Hier legte ich mich in meiner adamitischen Kleidung, vom Schlafe besiegt, auf das blumichte Gras zur Ruhe nieder, da, wo wir alle Fünfe bereits saßen.
Ich schreite zu der Stunde, in welcher gegen frühen Morgen die traurige Stimme der jungen Schwalbe sich meldet, vielleicht so traurig, zum Andenken ihrer ursprünglichen Wehklagen. Sie ist die Stunde, in welcher unsre Seele mehr vom Körper entfremdet, und weniger von geschäftigen Gedanken eingenommen, in ihren Gesichten fast göttlich ist. Und in dieser Stunde war es, als ich hier in einem Traume lag.
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Picasso
Lutte entre Téréo et sa belle-sœur Philomèle
From Les Métamorphoses d’Ovide
1930, October 18
Etching
Bloch 110
http://www.centaurgalleries.com/Main/Art.cfm?InvNo=30702-30731&CFID=2893112&CFTOKEN=f303ddfd17e293f4-4A53792A-0EE6-0B9D-96C72B94444AE7C7
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Aesop ?
Philomele und Prokne
Prokne, die gute Schwalbenseele,
flog einst vom Lärm der Städte fort
zu eines Waldes stillem Ort,
wo einsam tönt das Lied der armen Philomele.
»Nun, liebe Schwester«, Prokne spricht, »wie geht es dir?
Man hat bald tausend Jahr‘ nichts mehr von dir vernommen!
Ich wüsste wahrlich nicht, dass du je wärst gekommen
seit unsrer Thrazier-Zeit und hättst gewohnt bei mir.
Wie denkst du künftig nun zu leben?
Die Einsamkeit gedenkst du nimmer aufzugeben?«
»Wo«, fragte Philomel‘, »ist’s schöner wohl als hier?«
Prokne erwidert: »Wie? Der Zauber deiner Kehle
erklänge fortan nur den Tieren
und hin und wieder einer Bauernseele?
Soll in der Wüste sich so ein Talent verlieren?
Komm in die Stadt, dein Licht lass leuchten vor den Leuten.
Des Waldes Anblick tut nicht gut;
hier denkst du stets daran, wie Tereus‘ wilde Glut
in ähnlichen Waldeinsamkeiten
dir einstmals Schmach und Schimpf hat angetan.«
»Just die Erinnerung der Schmach, die man vermessen
mir angetan, macht, dass ich dir nicht folgen kann;
denn, ach, seh‘ ich die Menschen an,
kann ich die Schmach noch weniger vergessen!«
http://www.fabelnundanderes.at/html/body_buch_3.html
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Joseph von Eichendorff (1788-1857)
SONST UND JETZT
Sonett
Sonst tönte ach! mein Saitenspiel so helle,
Eh noch der Liebe Zauber mich umschlang;
Frohlauschend auf der Lieder süßen Klang
Enthüpfte leiser oft die Silberquelle.
Da horcht‘ ich oft, umrauscht von ihrer Welle
Wenn Rosendämmrung ihren Fittig schwang,
Wie sanft ins Seelenlied der Philomele
Der Nachhall meine kleinen Lieder sang.
Jetzt sind sie hin, der Kindheit Wonnezeiten.
Zu einem Ton ist jedes Lied verschallt,
Nur Liebe, Liebe seufzen alle Saiten! –
Doch es verhallt der Ton im unermeßlich Weiten
Kein Nachhall tönt ihm nun; kein Busen wallt,
Der sanft ihm Liebe – Liebe widerhallt! –
http://www.deutsche-liebeslyrik.de/eiche101.htm
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Novalis (eigentl. Friedrich Freiherr von Hardenberg, 1772-1801)
Geschichte der Poesie
Wie die Erde voller Schönheit blühte,
Sanftumschleiert von dem Rosenglanz
Ihrer Jugend und noch bräutlich glühte
Aus der Weihumarmung, die den Kranz
Ihrer unenthüllten Kindheit raubte,
Jeder Wintersturm die Holde mied,
O! da säuselte durch die belaubte
Myrte Zephir sanft das erste Lied.
Eva lauschte im Gebüsch daneben
Und empfand mit Jugendphantasie
Dieser Töne jugendliches Leben
Und die neugeborne Harmonie,
Süßen Trieb empfand auch Philomele
Leise nachzubilden diesen Klang;
Mühelos entströmet ihrer Kehle
Sanft der göttliche Gesang.
Himmlische Begeistrung floss hernieder
In der Huldin reingestimmte Brust,
Und ihr Mund ergoss in Freudenlieder
Und in Dankgesängen ihre Lust,
Tiere, Vögel, selbst die Palmenäste
Neigten staunender zu ihr sich hin,
Alles schwieg, es buhlten nur die Weste
Froh um ihre Schülerin.
Göttin Dichtkunst kam in Rosenblüte
Hoher Jugend eingehüllt herab
Aus dem Äther, schön wie Aphrodite,
Da ihr Ozean das Dasein gab.
Goldne Wölkchen trugen sie hernieder,
Sie umfloss der reinste Balsamduft,
Kleine Genien ertönten Lieder
In der tränenlosen Luft.
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http://www.garten-literatur.de/Leselaube/novalis_geschichte_poesie.htm
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C.M.v.Weber
WeGA, Serie VIII: Klavierauszüge, Band 2: Abu Hassan (WeV C. 6a)
Nr. 5 (Aria). Fatime: „Wird Philomele trauren“
http://www.weber-gesamtausgabe.de/index.php?id=104
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J.W.v.Goethe
Philomele
Dich hat Amor gewiß, o Sängerin, fütternd erzogen;
Kindisch reichte der Gott dir mit dem Pfeile die Kost.
So, durchdrungen von Gift die harmlos atmende Kehle,
Trifft mit der Liebe Gewalt nun Philomele das Herz.
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Mozart
Arie
ZAIDE
Trostlos schluchzet Philomele,
in dem Käfig eingeschränkt,
und beweint mit reger Kehle,
dass man ihre Freiheit krankt.
Tag und Nacht mag sie nicht schlafen,
hupfend sucht sie Raum zur Flucht.
Ach, wer könnte sie wohl strafen,
wenn sie findet, was sie sucht.
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Shakespeare
Fairies Sing. You spotted Snakes with double tongue, Thorny Hedgehogges be not seene, Newts and blinde wormes do no wrong, Come not neere our Fairy Queene. Philomele with melodie, Sing in your sweet Lullaby. Lulla, lulla, lullaby, lulla, lulla, lullaby, Neuer harme, nor spell, nor charme, Come our louely Lady nye, So good night with Lullaby
http://william-shakespeare.classic-literature.co.uk/a-midsommer-nights-dreame/ebook-page-09.asp
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